Altair: 35 Jahre Personal Computer

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Im Alter von 68 Jahren verstarb dieser Tage Ed Roberts,  der Vater des ersten Persönlichen Computers, des Altair. Ein Rückblick auf das Gerät, das eine ganze Industrie mit Namen wie Microsoft und Apple entstehen ließ.

Das Zeitalter des eigenen Computers beginnt im Januar 1975. Ein Metallkasten dominiert das Titelbild der Zeitschrift “Popular Electronics”. Auf sieben Seiten wird der Altair vorgestellt, ein gebrauchsfähiger Computer, den sich jeder bestellen kann. Für 400 Dollar! Eine Sensation. Normalerweise sind Computer so teuer, daß sich viele Unternehmen gar keinen leisten können, sondern Rechenzeit stundenweise mieten. Selbst einen zu besitzen, ist kaum vorstellbar. Und nun schickt man einen Scheck ein und kann teilhaben an einem neuen Zeitalter.

Der zweite Blick ist ernüchternder. Der Altair wird als Bausatz geliefert. Das Zusammenfügen von Gehäuse, Netzteil, Leiterplatten und anderer Teile erfordert technisches Geschick und dauert Stunden. Mit heutigen Computern hat das Ergebnis nicht viel gemein. Das Gehirn des Altairs kann nur 256 Byte speichern – die Menge von sieben Zeitungszeilen. Statt einer Tastatur gibt es eine Reihe von Kippschaltern, über die Programme Bit für Bit mühsam eingegeben werden. Die Ausgabe übernimmt eine Reihe von Lämpchen. Die einzige sinnvolle Anwendung ist ein kleines Spielchen, bei dem man den Blinkrhythmus der Lämpchen mit den Schaltern nachahmt.

Doch das Gerät hat Potential. Als erster Mikrocomputer ist der Altair mit dem neuen Intel 8080 ausgestattet. Der 8-Bit-Prozessor besteht aus 6000 Transistoren, ist mit 2 MHz getaktet und kann 640.000 Befehle in einer Sekunde abarbeiten. Wohl wurde die Vision von der Zentraleinheit auf einem Chip bereits zwei Jahre eher verwirklicht, aber der 8080 gilt als erster wirklich gebrauchsfähiger Mikroprozessor. Dank eines wegweisenden Bussystems und freier Steckplätze läßt sich der Altair aufrüsten. Bald bieten viele Hersteller Erweiterungen an. Speicherkarten liefern die Kapazität für größere Programme. Lochstreifenleser und Fernschreiber werden Ohren und Mund des Computers. Später kommen Bandlaufwerke, Terminals und sogar Festplatten dazu.

Der Vater des Personal Computers heißt Ed Roberts. Er leitet MITS, ein mittelständiges Unternehmen im staubigen New Mexico. Es verschickt zunächst Zubehör rund um den Modellbau, konzentriert sich dann auf Rechenmaschinen, wird durch den mörderischen Konkurrenzkampf zerrieben und sitzt auf einem hohen Schuldenberg. Roberts kann einen Erfolg gebrauchen – und die Redaktion von “Popular Electronics” auch. Beide Parteien hatten bereits eine Bauanleitung für einen digitalen Taschenrechner verwirklicht. Erneut werden sie sich einig: Wenn Roberts einen funktionstüchtigen Mikrocomputer konstruieren könnte, würde die Redaktion das Produkt auf der Titelseite anpreisen und über mehrere Ausgaben begleiten. Ärgerlicherweise geht das einzige Exemplar des Rechners auf dem Postweg verloren. Hastig fertigen MITS-Techniker eine Attrappe an. Das Gerät auf dem Heftcover ist ein leeres Gehäuse. Der Legende nach lieferte die Tochter eines Redakteurs den Namen des Computers: Altair ist ein Reiseziel in der Serie “Raumschiff Enterprise”.

Roberts rechnet damit, allenfalls einige hundert Exemplare zu verkaufen. Doch das Gerät, das erst Monate später lieferbar ist, schlägt ein. Am Ende werden es 10.000 Stück – das macht den Altair zum ersten kommerziell erfolgreichen Mikrocomputer. Und zum Standard: Die erste Generation der Home Computer – darunter der IMSAI 8080 und der TRS 80 – schaut sich Bussystem, Erweiterungskarten und Prozessor vom Altair ab. Zilog kopiert den Prozessor und entwickelt mit dem Z80 den erfolgreichsten 8-Bit-Chip, der in zahllosen Computern der 70er und 80er Jahre seine Arbeit verrichtet.

Maßgeblich zum Erfolg trägt eine Programmiersprache bei, ohne die der Altair nicht mal als Taschenrechner zu gebrauchen ist. Zwei junge Entwickler wissen das, rufen unmittelbar nach dem Erscheinen der Zeitschrift bei Ed Roberts an und bieten ihm die Sprache Basic für den Altair an. Wenn man erfährt, daß es sich dabei um Bill Gates und Paul Allen handelt, überrascht es nicht, daß das Basic nicht existiert und kein Programmierer bisher einen Altair gesehen hat, geschweige denn einen nutzen kann, um Software zu entwickeln. Doch gerade mit diesem Nachteil stechen Gates und Allen Mitbewerber aus: Dank eines früheren Projektes modellieren sie mit wenig Aufwand eine Simulation des Altairs auf einem Großrechner – und schaffen sich damit eine Plattform, um Software für den Altair zu entwickeln, ohne einen zu besitzen. Zwei Monate lang arbeiten die beiden bis zu zwanzig Stunden am Tag an der Programmiersprache. Die Mühe zahlt sich aus: Basic funktioniert auf Anhieb auf dem Altair.

Der Rest ist Geschichte. Gates und Allen gründen Microsoft und setzen ihr Basic für viele weitere Computer um. Auch IBM möchte 1980 für seinen PC das Standard-Basic, und als sie noch ein Betriebssystem namens DOS angeboten bekommen, wird aus einem Millionen-Unternehmen ein milliardenstarkes. Zwei Jahre nach dem Start des Altairs verkauft Roberts MITS und zieht sich aus der Branche zurück. Der Name MITS verschwindet; der Altair ist heute ein Sammlerstück.

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